Zwanziger Jahre und Inflation
h
Hunger, keine Arbeit und explodierende Preise, das galt für ganz Deutschland und insbesonders für die strukturschwache Eifelregion - es endete, wie wir wissen, 1923 in der Hyperinflation.

Vielerorts, so auch in Schönecken, versuchte man die größte Not durch Ausgabe von Notgeldscheinen zu lindern.

Rechts im Bild: Notgeldscheine 25 und 50 Pfg., ausgegeben vom Verkehrs- und Verschönerungsverein Schönecken-Wetteldorf.
Die Motiv der Rückseite des 25 Pfg Notgeldes stammte von einer Postkarte um 1914.

Der Papierwert der ersten Inflationsscheine war am Ende der Inflation größer als die Kaufkraft ihres Nennwertes. Man verwendete die Scheine vielfach zweckfremd und überdruckte sie zu Eintrittskarten, Mitgliederausweisen, Quittungen, nutzte sie für Propagandazwecke.

Erst die Einführung der Rentenmark brachte 1924 eine deutlich spürbare Verbesserung.

Ein Roggenbrot
3. Januar 1923 19. November 1923
163 Mark 233.000.000.000 Mark
Ein Kilo Rindfleisch
3. Januar 1923 19. November 1923
1.800 Mark 4.800.000.000.000 Mark
Ein U.S. Dollar
Mai 1923 20. November 1923
47.670 Mark 4.200.000.000.000 Mark

Eine Milliarde Reichsmark von 1922

Im November 1923 entsprachen 154 Milliarden Mark dem Gegenwert von 15,4 Pfg. in 1913!

25 Pfg. Notgeld 1921 - Schönecken

"Branntewing, dau ludrig Kraut, Hos su manigen en den Dreck gedaut"

50 Pfg. Notgeld 1923 - Schönecken
Die Arbeit der Landbevölkerung in den Zwanziger Jahren war hart und beschwerlich und die meisten Einheimischen waren bitterarm.
Ganze Erwerbszweige, wie z.B. die Lederproduktion oder auch das Kalkbrennen, waren aufgrund technischer Neuerungen am Ende des 19.Jahrhunderts zusammengebrochen, was unter anderem den Auswanderungsboom nach Amerika auslöste. Verblieben war der Bevölkerung die Feld- und Waldarbeit und insbesondere in Schönecken das Handwerk.
Fast jede Familie besaß eine Butsch und ein Dippchen, ein paar Hühner oder eine Kuh, um sich wenigstens mit Milch, Eiern und Fleisch notdürftig versorgen zu können.
Traktoren wurden damals in der hiesigen Landwirtschaft nicht eingesetzt, das konnte sich keiner leisten.  Statt dessen übernahmen Ochsen- und Pferdegespanne schwere Arbeiten wie z.B. das Pflügen, den Transport von Waren und Gütern, auch die Menschen mussten im Vergleich zu heute körperlich sehr viel härter arbeiten, was auch zu Lasten von deren Lebenserwartung ging.  Personenkraftwagen gab es kaum, abgesehen von Dr. Schreiber und ein oder zwei anderen Schöneckern war niemand im Besitz eines solchen Fahrzeugs.

Lockerung der Lebensmoral oder Lebensregeln wie in den Großstädten, allen voran Berlin, blieben hier gänzlich unbekannt, sie waren unvorstellbar.  Die politischen Veränderungen und Strömungen in den Großstädten fanden in den Eifelgemeinden keinen oder nur sehr wenig Anklang. Das sollte noch bis zur Mitte der Dreißiger Jahre so bleiben.

Die Menschen lebten streng religiös und alle Gemeindemitglieder, ob jung oder alt, besuchten regelmäßig die katholische Kirche, die "Wilden Zwanziger" haben hier nie stattgefunden.

Dennoch standen die Zeichen auf große Veränderungen: Bereits 1919 wurde ein Transformator an das Mühlrad der Sägemühle Kauth angeschlossen, von der aus einige Häuser des Ortes Strom bezogen. 1923 schließlich wurde der Ort elektrifiziert, Vorbote einer neuen Zeit. Langsam endete die Ära der bei uns vielverbreiteten Wassermühlen, Zahnärzte brachten erste elektrische Bohrer zum Einsatz und nach und nach verfügten immer mehr Häuser über eine elektrische Lichtquelle und eine Steckdose. Es gab erste Rundfunkgräte und die ersten Kühlhäuser entstanden in den Gemeinden, langsam steigerte sich die Lebensqualität, einen echten Aufschwung erfuhr diese Gegend erst Jahre später mit dem Bau des Westwalls, beginnend etwa ab dem Jahre 1935.
Das Ergebnis ist bekannt.

Links im Internet:
LeMo kollektives Gedächtnis: http://www.dhm.de/lemo/html/weimar/innenpolitik/inflation/index.html
Historisches Lexikon Bayerns: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44730